FUTURE Nr. 09 – Juni/Juli 1999

 

Lange Rede, kurzer Sinn...

Neuheidnisch-rechtsextreme Gruppierungen Teil I:

Die Jünger Wotans

„Das Keltische im Innersten“

Die unheimliche Kooperation

Rassismus als Programm

ANTIRA – oder was?

Hoppsala und hallihallöchen! - Ein LeserInbrief

LiebeR LeserIn

 

 

 

Lange Rede, kurzer Sinn...

 

Das Positive zuerst: die neue Ausgabe der FUTURE ist pünktlich zum Monatsanfang fertig, nach noch nicht einmal geplanten zwei Monaten. Außerdem ist die Seitenanzahl um vier Seiten auf mittlerweile 20 angestiegen.

Jetzt zum eher Negativen: Im Laufe der vergangenen knapp zwei Monate ist eine Menge passiert, wobei wahrscheinlich nur ein geringer Teil Eingang in die Zeitung gefunden hat. So ergab sich am 29.6. eine Korrektur zum Artikel „Das Letzte... CDU und DVU Hand in Hand!“, weil an diesem Tag in den Zeitungen Artikel a lá „Wer bewarf den Bus mit Steinen?“ erschienen. Das heißt, es wurde schon berichtet, daß ein Bus beschädigt wurde, allerdings wurde der rechtsextreme Hintergrund der Busfahrt verschwiegen. Zum Thema Wahlen muß an dieser Stelle auch nachgereicht werden, daß im Ortschaftsrat Neulobeda ein Mitglied der rechtsextremistischen Republikaner sitzt.

Die alte THS-Nazi-Socke Andre Kapke hat dem Antifaschistischen Infoblatt AIB angedroht, sie gerichtlich zu belangen. Offensichtlich ist er der Meinung, er ist im Bericht „Nazi-Terror in Jena“ im AIB Nr. 47 zu schlecht weggekommen. Vielleicht ist er ja auch der Meinung, die unter seiner Führung überfallenen jungen Frauen seien eine Bedrohung (für sein schwaches Herz?) gewesen, so daß er ihnen quasi vorbeugend die Ausweise wegnehmen mußte, ja, diese froh sein sollten, daß er sie nicht an Ort und Stelle gleich nieder walzte...

Wer weiß?

Sicher ist dagegen, daß die Rolle, die Qualle Andre und seine tapferen 20 THS-Helden, die heldenmütig allein gegen zwei fiesen und hinterhältigen Weibern, die ihm die schöne Luft im Stadtteil Burgau verderben wollten, kämpften, zumindest für Andre und Christian K. sowie für Jung-Nazi „Kleines P.“ (wir wollen ja nicht die Spannung verderben!) ein gerichtliches Nachspiel haben wird, auch wenn die Bullen momentan eher als Hilfstruppen eines notorischen Neonazivereins mit den drei Buchstaben T, H und S agieren. Vielleicht meint es das Leben doch nicht so gut mit der braunen Soße.

Gans sicher negativ ist dagegen das Fehlen eines Comics. Für diesen war eigentlich fest Raum vorgesehen, doch zusehends reduzierte sich dieser und mußte schlußendlich ganz weichen. Bemängeln dürfte das im Nachhinein lediglich die „Ich-kann-nicht-lesen-Wo-sind-die-Bilder?“-Fraktion... Aber wer nix bezahlt oder schreibt, soll die Klappe  halten. In der nächsten Ausgabe Anfang September ist definitiv wieder ein Comic anwesend! Fortsetzung dann auch des Artikels über Neuheidentum und all dem dranhängenden Quatsch. Bis dahin ein fröhliches PISS OFF! Oder so was in der Art.

Ach ja, kurz vorm Vergessen: die Beste der Besten, nämlich Mutter TITANIC, hat sich der Gerberei in Weimar angenommen und entsprechend verrissen. Leicht schadenfroh, hofft die FUTURE, daß Jena NIE Kulturhauptstadt Europas wird und somit die Reaktion der Titanic keinen Grund sieht, das langweilige Kaff Jena zu besuchen. *aufatme*

 

Eure Post schickt Ihr wie immer nicht (oder doch?) an: FUTURE, c/o Infoladen, Schillergäßchen 5 in 07745 Jena

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Neuheidnisch-rechtsextreme Gruppierungen Teil I:

Die Jünger Wotans

 

In der BRD operiert eine Vielzahl von Grüppchen und Organisationen aus dem neugermanisch-heidnischen Spektrum weitgehend unbehelligt. Bei einer ganzen Reihe derartiger Gruppierungen sind allerdings eindeutig rassistische und rechtsextremistische Zielsetzungen zu erkennen. Beobachter der Szene wie der SPD-Bundestagsabgeordnete Siegfried Vergin sprechen von einer „unheimlichen neugermanisch-heidnisch-rechtsextremen Kooperation“. Nach dessen (nicht gerade neuen) Erkenntnissen existiert hierzulande ein funktionierendes neuheidnisches Netzwerk, das „endlich ernst genommen werden“ müsse. „Heute sind die härtesten Aktivitäten eines antidemokratischen neorassistischen Rechtsradikalismus unter den neugermanisch und deutsch-völkischen Gruppen zu suchen. Sie kämpfen mit dem Elan, den nur religiöser Glaube vermitteln kann“ - konstatierte der zwischenzeitlich verstorbene Weltanschauungsexperte der Evangelischen Kirche, Friedrich Wilhelm Haack, in seinem 1981 erschienenen Buch „Wotans Wiederkehr“, in dem erstmals in der Bundesrepublik ausführlich und breitenwirksam zum Themenbereich „Neuheidentum und neonazistische Heilslehren“ Stellung bezogen wurde.

Tatsache ist, daß seit Mitte der siebziger Jahre in Westeuropa antichristliche Religiosität (Und darauf liegt die Betonung! An einer generellen Abnahme der Religiösität ist nichts zu kritisieren.) zunimmt und heidnische Idee und Kulte aufleben. Gebaut ist dies bei den meisten der neuheidnischen Grüppchen oder Einzelaktivisten auf die Grundpfeiler Rasse, Blut und Boden, kombiniert mit dem Glauben an die Höherwertigkeit der germanisch-nordischen Rasse über andere.

 

 

„Das Keltische im Innersten“

 

Im Sommer 1992 erschien in den reichstreuen „Staatsbriefen“ des ehemaligen WELT-Redakteurs Hans-Dietrich Sander - posthum - ein Grundsatzartikel des 1991 verstorbenen Neonazi-Medienstars Michael Kühnen zum Themenbereich „Grundlagen des Heidentums“. Darin fordert Kühnen auf, „das Heidentum bewußt als Religion (zu) erneuern“. Heide sei derjenige, der „sich in seiner Seele und mit seinem Verstand von einem Mythos angesprochen fühlt, die dazugehörigen Riten praktiziert und als ein tiefer denkender Mensch sich außerdem noch eine Ethik der Arterhaltung und Artentfaltung von Volk, Rasse und Kultur verpflichtet weiß“. Einer zunehmenden Popularität erfreuen sich neuheidnische Gedanken heute im neonationalsozialistischen Spektrum: die Neonazi-Postille „Bramfelder Sturm“ (neuerdings: „Hamburger Sturm“) aus dem Umfeld der verbotenen „Nationalen Liste“ (NL) veröffentlicht eine Reihe „Germanische Mythologie“, Jürgen Jost, Betreiber der Thule-Mailbox „Elias“ sucht im Internet nach Informationen und Texten zu „Germanen, Kelten, Goten und den nordischen Kulturen“, eine „Ordensgemeinschaft Odins Erben“ hält Umschau nach neuen Mitgliedern, Schriften wie „Blutfeuer“ oder „Zeitenwende“ finden ihr Publikum. Auf neuheidnische Devotionalien wie Irminsul-Anhänger, Futhark-Ringe, Odin-Poster, Julleuchter oder Heidnische Gedichte vermag kaum noch ein rechtsextremer Verlagshandel verzichten. Und selbst die „Junge Freiheit“, in der reaktionär-katholische Fundamentalisten wie Felicitas Küble oder Lothar Groppe publizieren, orakelt über die „keltische Kultur in unserem Innersten“. Nicht zu vergessen die rassistische „Artgemeinschaft“, in der ehemalige Funktionäre verbotener Gruppierungen wie der „Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei“ (FAP) oder der „Wiking-Jugend“ (WJ) wieder ein organisatorisches Rückgrat gefunden haben.

Nach den Erkenntnissen verschiedener Gruppen und Einzelpersonen existiert in der Bundesrepublik ein funktionierendes neuheidnisches Netzwerk aus Vereinigungen und Zirkeln, Kultstätten, Zeitschriften, Verlagen, Videoproduktionen und Firmen. Dieses Netz muß endlich ernst genommen und zerschlagen werden! Einige Bundestagsabgeordnete haben aufgrund dieser Erkenntnisse eine Kleine Anfrage zum Themenbereich „Neugermanisch-heidnische Gruppen und Rechtsextremismus in der Bundesrepublik Deutschland“ (Drucksache 13/5349) gestellt. Als besonders krass ist dabei die Weigerung der Bundesregierung dahingehend zu betrachten, daß sie sich nicht dazu äußern will, ob eine Organisation als gemeinnützig anerkannt ist. Ein SPD-Bundestagsabgeordneter: „Ich vermute, daß einige der neugermanisch-heidnischen Gruppen als eingetragene Vereine Gemeinnützigkeit genießen.“

 

 

Die unheimliche Kooperation

 

Aus der Antwort der Bundesregierung (Drucksache 13/5434) läßt sich entnehmen, daß zumindest die folgenden Organisationen aus diesem Spektrum vom Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet werden:

-         der in Bredstedt (Kreis Nordfriesland) ansässige „Nordische Ring e.V.“ (NR; ca. 40 Mitglieder), der 1974 von ehemaligen Mitgliedern der „Gesellschaft für biologische Anthropologie, Eugenik und Verhaltensforschung e.V.“ gegründet wurde. Im NR-Organ „Nordische Zukunft“, das in der Bundesrepublik, Niederlande und Skandinavien verbreitet wird, werden rassistische Thesen veröffentlicht, die die Einhaltung und Stärkung der nordischen Rasse durch „Rassereinheitsgebote“ und „Erbgesundheitspflege“ beinhalten. NR-Mitglied und NZ-Autor ist u.a. Dieter Vollmer, nach eigenem Bekunden „Jugendführer der 30er Jahre“, nach 1945 in Argentinien Mitarbeiter der rechtsextremen Zeitschrift „El Sendero“ (Der Weg), später in der Bundesrepublik Verlagssekretär im Grabert-Verlag (1963-1965) und bis heute in revisionistischen Kreisen aktiv.

-         die 1951 gegründete „Die Artgemeinschaft - Germanische Glaubensgemeinschaft wesensgemäßer Lebensgestaltung e.V.“ (etwa 100 Mitglieder), ein germanisch-heidnischer Glaubensbund. Das Glaubenscredo der „Artgemeinschaft“, „Das Sittengesetz unserer Art“ (Punkt 2: „Das Sittengesetz in uns gebietet Tapferkeit und Mut in jeder Lage, Kühnheit und Wahrhaftigkeit bis zur Todesverachtung gegen jeden Feind von Familie, Sippe, Land, Volk, germanischer Art und germanischem Glauben.“) und weiteres Werbematerial ist seit einiger Zeit auch im INTERNET abrufbar. Szeneunüblich ist die von der „Stimme des Artglaubens“, der „Nordischen Zeitung“, praktizierte Zeitrechnung: „Wir setzen an den Beginn unserer Jahreszählung nicht die Geburt eines Christus, von dem niemand weiß, ob und ggf. wann er geboren wurde, sondern die Hochblüte des Gestirnheiligtums Stonehenge.“ Mitglied der „Artgemeinschaft“ ist u.a. Pierre Krebs, Gründer und Kopf des „Thule-Seminars“. Geworben wird für die „Artgemeinschaft“ in Werbeprospekten des MDV-Verlages von Oliver Bode (einst Mitarbeiter des „Referates für Sicherheit“ >RFS< des „Komitees zur Vorbereitung der Feierlichkeiten zum 100. Geburtstag Adolf Hitlers“ >KAH<), der auch im litauischen Klaipeda eine Kontakt- u. Bestelladresse unterhält, und in der neonazistischen Strategie- u. Ideologieschrift  „Umbruch“. Leiterin des Buchdienstes der „Artgemeinschaft“ war über längere Zeit hinweg Edda Schmidt, Inhaberin eines auf NS-Literatur spezialisierten Versand-Antiquariats.

-         die „Gesellschaft für biologische Anthropologie, Eugenik und Verhaltensforschung e.V.“ (GfbA-EV; rund 70 Mitglieder), die 1995 beschlossen hatte, ihren Sitz vom schleswig-holsteinischen Holstein ins schwedische Moholm zu verlegen. Organ ist die seit längerer Zeit nicht mehr erschienene Zeitschrift „Neue Anthropologie. Erbe und Verantwortung“, in derem „wissenschaftlichen Beirat“ neben Alain de Benoist u.a. auch der Autor der antisemitischen „Bauernschaft“, Hans Georg Amsel, seit nunmehr 68 Jahren mit Ernst Jünger befreundet, aufgeführt ist. Ehrenmitglied ist Walter Drees, Mitglied der „Deutschen Gildenschaft“ (die DG ist ein völkisch-nationalistischer Studentenverband mit großem Einfluß innerhalb der rechtsextremen Szene) und Pressebeauftragter der „Gesellschaft für Europäische Urgemeinschaftskunde e.V.“.

 

 

Rassismus als Programm

 

In allen drei Organisationen nimmt der einschlägig bekannte Rechtsanwalt Jürgen Rieger eine führende Funktion ein. Nach Riegers heidnisch-germanophiler Auffassung wurde das Christentum „letztlich im Interesse des Judentums für Nichtjuden geschaffen“, als „Mittel zum Zweck, das verfluchte Rom zu zerstören, Judäa damit frei zu machen - die erste psychologische Kriegsführung der Geschichte“, so Rieger in seiner Schrift „Von der christlichen Moral zu einer biologisch begründeten Ethik“, die in der Schriftenreihe der „Artgemeinschaft“ erschienen ist. Rieger wirft dem Christentum „Egozentrik gegen Familien-, Volks- und Rassengebundenheit“ und „Gleichheitswahn gegen Rangordnung“ vor. Herangezogen zu seiner pseudowissenschaftlichen Beweisführung wird von ihm bevorzugt Hans F.K.Günther, einst führender Nazi-Rassentheoreti-ker. In den Augen Riegers, der die „Rasse“ zum „Mittelpunkt der Weltanschauung“ machen möchte, ist das „Christentum ein Krebs, der sich bislang noch in jedes gesunde Volk hereingefressen hat“. In diesem Sinne ruft der Rechtsextremist auf: „Bekämpfen wir die christlichen Wertvorstellungen in uns und in unserem Volk - dem Leben zuliebe. Unser Volk kann nur überleben, wenn es sich von der christlichen Moral freimacht - sonst werden wir wie Rom untergehen.“

 

Im Visier des Verfassungsschutzes steht ferner der „Bund für Gotterkenntnis e.V.“ (BfG; ca. 240 Mitglieder). Gründungsmutter des „Bundes“ ist Mathilde Ludendorff (1877-1966), die 1926 den Generalquartiermeister des 1. Weltkrieges, Erich Ludendorff geehelicht hatte. 1937 gründete sie den Verein „Deutsche Gotterkenntnis“, der 1951 –zuvor war er von den Alliierten verboten – in „Bund für Gotterkenntnis“ umbenannt worden ist. Ein von den Innenministerien der Länder ausgesprochenes Verbot im Jahre 1961, wegen antisemitischer Äußerungen aus der Zeit des Ehepaares Ludendorff, wurde 1977 letztinstanzlich aufgehoben (u.a. wegen Verfahrensfehlern bei der Verbotsverfügung).

Das BfG-Mitteilungsblatt „Mensch und Maß“ wird von Freiherr Franz Karg von Bebenburg (Verlag „Hohe Warte“ mit Sitz im oberbayrischen Pähl bei Weilheim, wenige Kilometer vom einstigen Ludendorff-Domizil in Tutzing am Starnberger See), dem Schwiegersohn der M. Ludendorff, herausgegeben. Geleitet wird der BfG, der eine antipluralistische und rassistische, insbesondere antisemitische Weltanschauung vertritt, von dem Dachauer Arzt Dr. Gunther Duda. Prominenter Ludendorff-Anhänger im rechtsextremen Bereich ist Roland Bohlinger, Inhaber des „Verlages für ganzheitliche Forschung und Kultur“, dem der „KulturVerlag“ und die „Theodor StormVersandbuchhandlung“ angegliedert sind.

 

Bekannt ist der Bundesregierung des weiteren der 1980 von Arnulf-Winfried Priem, Ex-Berliner Landesvorsitzender der inzwischen verbotenen neonationalsozialistischen Truppe „Deutsche Alternative“ (DA), gegründete und seit 1995 nicht mehr aktive „Asgard-Bund e.V.“, dessen Aktivitäten sich überwiegend auf die Herausgabe des „Nordisch-germanischen Jahrweisers“ und den Handel mit germanisierenden Devotionalien und neonazistischenVideos richtete. In primitiv aufgemachter Form erschien über mehrere Ausgaben hinweg die „Zeitschrift für germanische Weltanschauung“ mit dem Titel „Der Wotansspeer“: „Wohl die wichtigste Forderung, die wir erheben, ist die Gleichbehandlung der nordischen Religion neben den christlichen und mohammedanischen Glaubensrichtungen in den Schulen.“

Ebenfalls wurde gefragt nach der „Vandalen - Ariogermanischen Kampfgemeinschaft“ (gegründet von dem Neonazi-Funktionär Priem), über die die Bundesregierung seinerzeit ebenfalls nichts zu sagen wußte und bei der der vor einiger Zeit wegen Polizistenmordes u.a. verhaftete Neonazi Kai Diesner laut Presseberichten Mitglied gewesen sein soll.

In Neonazi-Kreisen gilt Priem seit einiger Zeit als „Verräter“. Das Thule-Netz bezeichnete ihn gar als „Parasiten“.

(Fortsetzung folgt... s. FUTURE Nr. 10)

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ANTIRA – oder was?

 

Von dem Kaff Neuss, immerhin größer als Jena, hat bis jetzt wohl keineR so richtig etwas gehört. Folglich auch nichts von dem Frauenabschiebeknast, der der einzige in der ganzen BRD ist. Auch deshalb gab es eine Demonstration in Neuss, ein auf dieser Demonstration verteiltes Flugblatt ist, sozusagen als Dokumentation, an diesem Artikel angefügt, auch wenn die Schrift teilweise wohl etwas winzig geraten ist...

Was aber hat so viele Leute aus Jena und Umgebung und auch aus Thüringen usw. dazu gebracht, zu Haus zu bleiben? An dem Thema sollte es wohl nicht gelegen haben, denn das wäre ein Armutszeugnis für unsere politischen Überzeugungen. Im Vorfeld hatten sich immerhin einige Leute gefunden, die den Bus nach Neuss zu füllen bereit gewesen waren. Daß die überwiegende Anzahl davon wieder aus persönlichen und mehr oder weniger überzeugenden Gründen absprang, nun gut, das passiert und damit muß auch gerechnet werden. Viel gravierender ist jedoch, daß viel mehr Menschen sich gar nicht erst den Kopf zerbrochen haben, ob sie unter diesen und jenen Umständen vielleicht doch mitfahren könnten. Es wurde statt dessen völlig verdrängt, und exemplarisch sei jene „Entschuldigung“ zitiert, die keine ist: „Krieg ist wichtiger als...“. Dieser pauschale und extrem platte Spruch wurde bei jeder unpassenden Gelegenheit hervorgezaubert. Warum unpassend?

Erstens erscheint es als sehr zwiespältig, sich in der Anti-Kriegs-Arbeit auf einen einzigen Krieg zu fixieren, da doch in den letzten Jahren immer Krieg rund um den Globus war. Nur aufgrund der deutschen Mittäterschaft eine Position im Jugoslawienkrieg zu beziehen, erweckt den Eindruck einer plötzlichen einseitigen Blindheit. Denn daß deutsche Waffen seit Jahrzehnten an Kriegen aller Art beteiligt sind, hätte schon eher ein Engagement erforderlich gemacht. Gewisse politische Ambitionen haben jedoch offensichtlich zu einem proserbischen Umdenken geführt, unter der Postulation des jugoslawischen Sozialismus´ fanden sich etliche Leute zu einer Antikriegsinitiative zusammen. Warum ist der „Sozialismus“ in Jugoslawien denn in Frage zu stellen? Allein die Entfernung des roten Sterns von der Staatsfahne spricht für sich selbst. Und in Milosevic einen normalen Politiker zu sehen, ist auch nicht richtig. Ja, er war mal Kommunist. Na und? Namen sind Schall und Rauch! Sein kroatischer „Freund“ und Präsident Tudjman war das schließlich auch, und sogar noch Partisan! Hat es ihm geholfen? Offensichtlich nicht. Er ist genauso ein nationalistisches Arschloch wie Milosevic. Das mögen einige Leute jetzt wieder mit ihren üblichen dummen Sprüchen quittieren, aber es ist so – believe it or not!

Zweitens – ja, das folgt jetzt – wäre gerade eine gegen den Krieg gerichtete Haltung in ihrer eigenen Konsequenz dazu aufgefordert, gegen Abschiebungen und die Knäste zu protestieren. Denn der Krieg (und auch die daraus folgenden ökonomischen Ungleichgewichte) ist es, der Menschen auf der ganzen Erde zur Flucht, teilweise über viele tausend Kilometer und in die BRD, treibt. Daß die Menschen, die vor Mord und Totschlag durch Armeen aus ihren Ländern geflohen sind, hier jetzt durch eine Polizei mit militärischen Mitteln gejagt werden und in Sammelunterkünfte gesperrt werden, bevor sie gar noch im Gefängnis landen, ist der absolute Hohn. Wenn die Flüchtlinge Glück haben, werden sie auf ihrer Abschiebung nicht gefoltert oder sogar ermordet. Gerade über diesen Zusammenhang sollte intensiv nachgedacht werden.

Drittens ist es beschämend, daß Menschen, die sich die antirassistische Arbeit einmal als eines ihrer Hauptanliegen auf die Fahne geschrieben haben, sich in keinster Weise zu einer möglichen Teilnahme geäußert haben. Um so krasser ist der Eindruck, wenn eben von diesen Menschen noch vor einigen Monaten eine Intensivierung bzw. eine antirassistische Arbeit überhaupt und unsere Solidarität und Zusammenarbeit mit Flüchtlingen gefordert wurde. Das ist zutiefst verletzend...

Nun noch kurz zur Demonstration selbst: Es war eine wahnsinnig laute Demo, kaum vorstellbar, daß etwas mehr als eintausend TeilnehmerInnen soviel Lärm die ganze Zeit über machen konnten. Wir waren etwa drei Stunden unterwegs, inklusive Zwischenkundgebungen, und die ganze Zeit schrie ein Teil der Demo oder sogar alle zusammen Parolen gegen Abschiebungen, Rassismus und den deutschen Staat und seine Büttel. Der Weg der Demonstration war völlig zugeklebt mit Spukis und Aufklebern, sogar ein Polizeimotorrad mußte dran glauben. Die am Rand parkenden Autos wurden ebenso zahlreich eingedeckt. Die Bullerei zeigte sich sehr zurückhaltend, nur in den Einkaufspassagen fuhr sie massiv auf, um die Leute auf der Demo einzuschüchtern – was ihnen aber nicht gelang. Denn die Demo zeigte sich weiterhin unbeeindruckt und extrem laut gerade an diesen Stellen. Die Resonanz der BürgerInnen dürfte um einiges höher gelegen haben als hier im Osten. Gerade ältere BürgerInnen winkten aus ihren Fenstern oder klatschten sogar. Und nur sehr wenige Menschen wiesen die verteilten Flugblätter, von denen einige auch auf den Zusammenhang von Krieg und Flucht hinwiesen, zurück.

Als Resümee bleibt nur der Hinweis, daß es sich um eine der kraftvollsten Demos der letzten Jahre gehandelt haben dürfte, auch wenn es schon Demos mit mehr Leuten gab. Aber Qualität ist nicht immer abhängig von Quantität. Dennoch bleibt zu hoffen, daß sich auf der nächsten antirassistischen Demonstration wieder mehr Menschen aus dem hiesigen Dunstkreis der Linksradikalität und sonstigen sich politisch Haltenden beteiligen.

HOCH DIE ANTINATIONALE SOLIDARITÄT!

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Hoppsala und hallihallöchen!

[Ein LeserInbrief, mit redaktioneller UND abgesprochener Bearbeitung zwischen SchreiberIn und FUTURE]

 

...erste Kritik, und das ist auch gleich das, was mich am meisten aufregt, ist die Tatsache, daß die Personen der „Sonntagsrunden“ [einer Diskussionsrunde – die Red.] mit den VertreterInnen des Roten Tisches in einen Topf geschmissen werden. Nur weil 3 (!) Personen davon mehr oder weniger mit dem Roten Tisch zusammen arbeiten? Auf diese Sonntagsrunden bezog sich wahrscheinlich auch die Kritik am elitären Denken und Handeln. Ich glaube, dazu gab es schon einige Diskussionen, meiner Meinung nach ist nichts elitäres daran, wenn sich Menschen zu Diskussionen treffen mit dem Ziel, einen Konsens zu erlangen und der einzigen Bedingung der regelmäßigen Teilnahme. Diese hat nicht etwa den Zweck, eine ideologisch gefestigte Elite hervorzubringen, die Entscheidung entstand einzig und allein aus der Erkenntnis, wie sinnlos weitergehende Diskussionen sind, wenn mensch sich noch nicht einmal in den grundlegenden Fragen auf einen Minimalkonsens geeinigt hat und somit eine gewisse Basis da ist. („Nö, bei der Diskussion war ich nicht da, bei dem Konsens geh ich nicht mit“, dann fängt mensch nämlich jedesmal wieder beim Urschleim an..) Punkt.

Ansonsten, und das ist jetzt der 2. Hauptkritikpunkt, ist es kompletter Wahnsinn, alles, was ein gewisser Namensvetter unseres ach so geliebten Außenministers zum besten gibt, zu Aussagen des Roten Tisches umzumünzen. Daß besagter W. ein Nationalist ist, gibt er selbst zu,  und daß sein Gefasel von „auf meiner Kundgebung laß‘ ich keinen Albaner reden“, „albanische Frauen zwangssterilisieren“ und „behinderte Kinder abtreiben“ zutiefst reaktionär bis faschistisch und rassistisch ist, steht außer Frage. Allerdings halte ich es, wie schon erwähnt, für höchst fragwürdig, seine Aussagen als repräsentativ für alle sich so nennenden Jenaer KommunistInnen zu bewerten. Bei allen benannten Beispielen widersprachen die kritisierten Personen heftigst, z.T. auch Rote Tischler, zumindest stimmten diese uns nach den Diskussionen zu. Daß mit W. kaum zu reden ist, naja. Aber (ich wiederhole mich): Er ist nicht repräsentativ.  In dem Zusammenhang sind Sätze wie „Nachfragen bitte an ...“ einfach nur unpassend.  Es gibt schon genug Sachen, die mensch an (Staats-) SozialistInnen und z.T. DDR-Fanatikern kritisieren kann, das Gehetze (entschuldige den Begriff, aber so kommt es mir langsam vor) scheint mir eher Ausdruck fehlender Argumente zu sein, weil es einfacher ist, einer ganzen Personengruppe Rassismus und Antisemitismus vorzuwerfen, als sich Diskussionen mit ihnen zu stellen.

Ansonsten noch zu der Einleitung: Was ist gemeint mit Verschwörungstheorien („die US-Imperialisten!!“ ??) und Hang zum Antisemitismus ? Dies fiel mir übrigens auch noch im Laufe der „Erläuterungen zum 8.Mai“ mehrfach auf, daß dem Personenkreis des RT unterstellt wurde, keine KommunistInnen zu sein, dies jedoch nur  recht mäßig und (pffff...) nur mit Fischers Ergüssen belegst.

So, nun noch einige Worte zu bestimmten Transparenten. Ich versuche es möglichst kurz zu fassen, ich nehme auch an, es kommt bekannt vor. Grundsätzlich teile ich die Kritik am „Grüße an die jugoslawische Armee“, natürlich ist auch viel Provokation dabei. Das einzige, was die Aufforderung (Grüße ist schon sehr makaber) legitimiert, ist eben die Tatsache, daß zur Zeit allein die jugoslawische Armee in der Lage ist, sich einigermaßen gegen die Angriffe zu wehren. Und im Kampf gegen den Aggressor NATO / Deutschland erhält der Angegriffene, in diesem Fall die jugoslawische Bevölkerung samt „ihrer“ Verteidigungsmacht Armee, erst einmal meine Unterstützung. Ich glaube kaum, daß Menschen nach der Einstellung der Angriffe auf Jugoslawien noch irgendeine Veranlassung sehen, solch ein Transpa weiter zu benutzen, das wäre dann natürlich angreifbar.

Ansonsten noch einige ungeklärte Fragen, die ich erst einmal so stehen lasse, denn wenn ich die jetzt auch noch ausführen würde, sähe ich morgen aus wie... und hätte wunde Finger.

-          „Über die Natur Milosevics als Diktator brauchen wir uns nicht zu streiten.“ Denke schon.

-          „Ein Volk, das sich selbst dem Nationalismuswahn verschrieben hat“ ?

-          Warum ist mensch proserbisch, wenn mensch sich auf die Seite des durch „Imperialisten“ angegriffenen  Staates stellt, auch wenn der Angegriffene ebenfalls nicht sehr bewundernswert ist?

Uff, wenn jemand es jetzt bis hierher geschafft hast, ohne sich die Haare ob „Vorwürfen“/Fragen etc., die sicher nicht das erste Mal zu hören waren, zu raufen, kommt noch eine Runde Lob: der Redebeitrag (der er ja dann doch nicht war, danke Lothar !) war klasse, das Titelbild sowie der zum wievielten Mal auch immer erneute Versuch einer Zeitung auch. Naja, das sieht jetzt vielleicht schlecht aus: 2 Zeilen Positives und der Rest Gemecker, aber egal. (Hoffe ich doch !)

Ansonsten würde ich mich über eine Antwort -in welcher Form auch immer- freuen, ich habe diesen Text  nämlich nicht mit dem Ziel geschrieben, meinem Frust freien Lauf zu lassen und mir noch einen Feind mehr zu machen. (Da hätte ich die Zeit effektiver nutzen können.)

Mit freundlichen Grüßen...

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LiebeR LeserIn,

bezüglich deineR Diskussionseinschätzung gebe ich dir gleich zu Anfang recht. Dennoch möchte ich dich gleich nochmal darauf hinweisen, daß zumindest diese Antwort meine eigene Antwort darstellt – du weißt schon, Mißverständnisse und so.

Daß du aus den Artikeln (?) herausgelesen haben willst, daß Sonntagsrunde und RT in einem Topf landen, macht mich etwas unsicher, denn eigentlich habe ich darauf weniger bis gar keinen Bezug nehmen wollen. Worum es mir ging – bei eventuellen Analogien – ist das gleichermaßen elitäre Auftreten beider Gruppen bzw. von Einzelpersonen. Die das jetzt wieder abstreiten werden, sich aber in dieser Hinsicht zumindest deutlich geäußert haben. Die zunehmende Abwesenheit eines großen Teils der Leute aus dem Infoladen sollte da doch zu denken geben. An dem von dir beschriebenen Beispiel ist nichts Elitäres dran, das stimmt. Es ist aber auch schon von einer Führungsebene die Rede gewesen, die einer befreiten Gesellschaft den Weg weisen soll. Des weiteren möchte ich an dieser Stelle auch auf den Weg als Ziel hinweisen. Die Schaffung einer Elite ist in bestimmten marxistischen/leninistischen/kommunistischen Vorstellungen unabdingbarer Bestandteil zur Erreichung des grob umrissenen Ziels „Kommunismus“. Nun gibt es aber auch kommunistische Strömungen, die ohne diese Eliten ihr Ziel erreichen wollen. Daß diese Strömungen sich aber mittlerweile nicht unbedingt mehr kommunistisch nennen, weil ihnen die Namensgebung durch autoritäre Gruppen verleidet wurde, ist das Eine. Trotzdem unterscheidet sich deren Ziel (und auch meines!) nicht. Warum rede ich die ganze Zeit vom „Der Weg ist das Ziel“? Ganz einfach: Eine revolutionäre Gruppe, die den Umsturz schaffen sollte und zur Sicherung des Erreichten nicht den letzten Schritt gehen kann oder möchte, wird zur Sicherung ihrer „Errungenschaften“ (manchmal sind es wirklich welche) ein staatsähnliches Gebilde aufbauen. Nach außen wird das damit verbrämt, daß ja das junge Pflänzchen der Freiheit gegen die kapitalistischen/imperialistischen Staaten zu verteidigen sei. Stimmt ja im Großen und Ganzen. Wenn aber eine neuer Staat und damit eine neue Macht- und Elitenstruktur aufgebaut wird, wird diese Struktur sich schlußendlich nicht selber abschaffen (können)! Vielleicht hast du ja jetzt gemerkt, worauf ich hinaus will.

Daß ich, von mir selbst unbemerkt, eine Gleichsetzung von W.F. und RT betrieben habe, tun mir nun nicht gerade weh bzw. leid. Argumentativ untermauern möchte ich dies folgendermaßen:

W.F. ist ein auch deiner Meinung nach ein „Arschloch“. Trotzdem er die ganze Zeit viel Müll erzählt, wird er von verschiedenen Gruppen, u.a. RT und auch Teilen der JAPS toleriert und akzeptiert, „weil er ja serbo-kroatisch kann“. Daß er Meinungen vertritt, die von rassistisch über nationalistisch bis sexistisch reichen, wird zwar mehr oder weniger verurteilt. Aber die eigentliche Konsequenz wird nicht gezogen. Ein Nazi, der gegen die NATO-Bombardements ist, wird von uns auch nicht toleriert, weil er ein Nazi ist. Kann ein Kommunist ein Rassist/Nationalist/Sexist sein? Nein! Was nicht sein kann, darf auch nicht sein. W. als guter Kommunist ist also nichts dergleichen... Oder? Die Umkehrung wäre doch, daß er, gerade weil er ein Rassist usw. ist, eben kein Kommunist ist. Da genau dieses aber entweder nicht verstanden oder nicht akzeptiert wird, bin ich plötzlich der Buhmensch, weil ich Herrn W. nicht für einen Kommunisten halte. Was ist aber mit dem RT? Da gab es wohl schon diverse Diskussionen innerhalb des RT, die wohl vieles bis auf eines bewirkt haben: Stop der Zusammenarbeit mit W.F. Spekulativ ist an dieser Stelle wohl die Vermutung erlaubt, daß die Ansichten an sich nicht allzu divergierend sind. Auch die Mitarbeit hierarchisch-autoritärer Gruppen wie MLPD oder irgendeiner (von fünf) KPD ist da eher für mich persönlich kontraproduktiv. Das obligatorische DDR-Fahnen-Spazierenführen ist da eher noch harmlos, nichtdestotrotz nervig, weil mittlerweile auch die NPD die DDR als das bessere Deutschland erkannt hat. Da bleibt für mich mal wieder nur der Griff zu einem platten Spruch: „DEUTSCHLAND VERRECKE!“ Daß dann auch andere Nationalfahnen als nationalistische Symbole a lá Nordkorea oder auch Jugoslawien ausgeführt werden, führt mir vor Augen, daß W.F. eben doch kein Einzelfall sein kann. Ich vergleiche ihr Handeln mit ihren Ansprüchen. Weshalb ich mich gerne von dieser Gruppe distanziere und nicht glaube, daß diese Leute KommunistInnen sind – meinetwegen können sie etwas anderes behaupten. Ob das dann antikommunistische Hetze sein soll, na, ich weiß ja nicht. Um so mehr verwundert mich die Tatsache, daß innerhalb der J. darüber diskutiert werden muß, ob W. auszuschließen sei. Bei anderen Dingen und Personen wird viel schneller über einen Ausschluß nachgedacht, nicht wahr, A.?

In diesem Zusammenhang ist deine Frage nach dem „Gehetze“ wohl auch eher so zu beantworten, daß eine Seite, die die Argumente der Anderen nicht zu akzeptieren gedenkt, z.B. weil sie unbequem sind oder zu eigenen unerwünschten Reaktionen führen müßten, diese Argumente platt als Hetze abzustempeln gedenkt. Ich hoffe, ich greife dich jetzt nicht persönlich an, es ist eher eine „Gruppen“kritik.

Jetzt möchte ich gerne zu den anderen verbliebenen Fragen kommen. Verschwörungstheorien sind nicht gerade der allerneueste Renner, vielmehr gibt es seit jenem ominösen „Urschleim“ immer wieder Gruppen, denen konspiratives Handeln zur Erlangung der Weltherrschaft zugeschrieben wird. Im Allgemeinen benötigen solcherlei Tätigkeiten eine Menge Kapital, weshalb „natürlich“ nur ein kleiner Kreis in Frage kommt. Seit dem Mittelalter werden insbesondere jüdische Menschen verdächtigt, da sie damals nur unehrenhafte Berufe ausüben durften, für die ehrliche „Christenmenschen“ nicht in Frage kamen, wie Geldverleihen. Daraus erklärt sich auch teilweise, warum unter den Bankiers viele jüdische Menschen zu finden sind. AntisemitInnen erklären das natürlich mit deren Streben nach Weltherrschaft. Dieser kleine Kreis soll nun die verschiedensten politischen Gruppen finanzieren: Oktoberrevolution, Drittes Reich und noch andere Dinge sollen so allein durch die Finanzierung jüdischer Bankiers möglich gewesen sein. In die moderne Zeit übertragen hieße das, daß hinter allen Kriegen und Krisen wieder jene Gruppe stehe, um den Ruf nach einer Weltregierung zu verstärken. Diese Weltregierung soll natürlich von den USA angeführt werden, weil in diesem Land „die Juden“ traditionell den höchsten Einfluß und die größte Macht hätten. Vor diesem Hintergrund werden die Hetzereien von Nazis wohl recht schnell verständlich und das Faseln von der Weltverschwörung als Antisemitismus erkennbar. Was aber hat wiederum Herr W. damit zu tun? Viele Menschen, die mit ihm schon diskutiert haben, bevor ich ihn das erste Mal überhaupt persönlich getroffen habe, haben ihn als „Verschwörungstheoretiker“ bezeichnet. Er selbst versucht, den Spieß umzudrehen, indem er behauptet, die Menschen, die solchen Verschwörungsquatsch auch als Quatsch abtun und zu widerlegen versuchen, würden selber an solche Verschwörungen glauben. Pfff...

Zum Thema Armee habe ich mich hinreichend geäußert, das ist, denke ich, auch gut nachzulesen. Ich solidarisiere mich nicht mit einem Unterdrückungsapparat.

Milosevic als Diktator: Ich denke, er ist einer. Warum er das ist, liegt in seiner Natur als Politiker. (Mein Dank hier an R. für diese Steilvorlage!) Natürlich rückt das auch Herrn Schröder bedenklich nahe in Richtung Diktatur, aber ich denke nicht, daß es Gegenbeweise gibt. Wenn Schröder zurücktreten muß, dann nur, um einem neuen Diktator Platz zu machen. Selbsterhaltende Herrschaft eben. Deutschland ist eine Diktatur. Und Jugoslawien auch. Nur eine libertäre/anarchistische/kommunistische Gesellschaft ohne Eliten, Hierarchien und Strukturen muß sich nicht dem Diktat des Starken beugen.

Nationalismuswahn: Wenn ein Ultranationalist Vizepräsident ist, wenn ultranationalistische Milizen die offizielle Armee bei ihren Operationen unterstützt, wenn all diese Dinge ohne größeren Widerstand passieren können, dann ist an diesem Wahn wohl etwas dran.

Proserbisch: Das verstehe ich auch nicht, obwohl ich mich wohl kaum auf der Seite des Staates wiederfinden dürfte. Dennoch mußte ich mir diesen Vorwurf machen lassen, auch von Leuten, die es besser hätten wissen müssen.

Ich kann mich nicht unbedingt Allem und Jedem anschließen, wenn ich das nicht für richtig halte oder für fehlinterpretierbar. Ich werde ja auch keine MLPD-Aufkleber „Keine deutschen Truppen ins Ausland!“ verteilen, und das nicht nur, weil ich die MLPD scheiße finde, sondern auch deshalb, weil statt des ML auch ein N stehen könnte.

Generell ist noch zu sagen, daß du jetzt keinen Feind mehr hast – nicht, daß du jetzt quasi feindlos bist, aber die FUTURE ist nicht dein Feind geworden, die Sorge kann ich dir abnehmen. Auch deshalb nicht, weil du deine Meinung wenigstens ehrlich vertreten hast und nicht hintenrum dir das Maul zerfetzt. Und zwei Zeilen Positives sind mehr als gar keine, oder? J

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