Jenaer Burschenschafter schaffen Verbindungen
NPD – THS (Thüringer
Heimatschutz) – DB (Deutsche Burschenschaft)
Am 1. Dezember 1999 lud die
Burschenschaft „Jenensia“ zu einem Vortrag mit dem Thema „Wiedergutmachung und
kein Ende?“ ein. Als Referent sprach Peter
Dehoust, der zur Zeit Mitherausgeber der wichtigsten neofaschistischen
Zeitschrift „Nation und Europa“ ist. Gegen die Veranstaltung mobilisierte ein
breiter Widerstand. Neben dem Jugendpfarrer und dem Gewerkschaftssekretär der
IG Metall Jena, bildete sich ein „Aktionsbündnis gegen Rechts“. Der Widerstand
des Antifa-Bündnisses richtete sich auf eine Blockade der „Jenensia“,
anschließend führten die mehr als 150 TeilnehmerInnen der Aktion eine
Spontandemonstration in die Innenstadt durch.
Die Burschenschaft
„Jenensia“ führte nicht zum ersten Mal rechte Veranstaltungen durch. Bereits
1994 dokumentierte das ZDF in einer Reportage die „Jenensia“ als rechtslastig.
Die „Jenensia“ ist seit 1991 Mitglied der rechtskonservativen Deutschen
Burschenschaft (DB) und stellte im Sommersemester 1999 den hochschulpolitischen
Sprecher. Von der DB hatte sich bereits im Januar 1996 die Neue Deutsche
Burschenschaft (NDB) abgespalten. Ursache für den Bruch war unter anderem die
rechtsextremen Ansichten der DB. Innerhalb der DB ist die „Jenensia“ seit 1992
in der Burschenschaftlichen Gemeinschaft (BG) organisiert. Diese bildet einen
inneren Führungszirkel innerhalb der DB. Ihr Ziel ist eine „national-konservative Verbandspolitik“. In Jena
stellt sich diese „national-konservative“ Politik in zahlreichen rechtsextremen
Veranstaltungen dar. So sprach zum Beispiel Alfred Mechtersheimer
in der „Jenensia“ zum Thema: “Partei oder Bewegung – Ist Deutschland noch zu
retten?“. Allein 1999 wurden drei rechtskonservative Referenten eingeladen. Mit
der Organisation der Veranstaltungen bei der „Jenensia“ wurde der
Burschenschafter Dirk Metzig betraut. Metzig ließ es sich bereits (1997) nicht
nehmen, in Magdeburg zu demonstrieren. Der erste Referent 1999 bei der
„Jenensia“ war Dr. Rolf
Sauerzapf. Er referierte am 2.Juni 1999 über das Thema
„Auslandsdeutschtum“. In seinem Vortrag berichtete er über die
„Sudetendeutschen“ und ihre Vertreibung nach 1945. Der historischen Kontext der
Besatzungszeit während des Nationalsozialismus von 1938-1945 wurde mit keinem
Wort erwähnt. Zu der Veranstaltung erschienen nicht nur Burschenschafter von
der „Jenensia“, sondern auch von anderen Burschenschaften aus Jena. Ebenfalls
anwesend waren Jörg Krautheim aus Gera (VISDP des rechtsextremen THS), sowie
Andre Kapke (NPD-Kreisverband Jena). Der zweite Referent war Peter Lothar
Groppe. Dieser referierte am 3. November zum Thema: „Wehrmachtsausstellung –
Ein zweifelhafter Umgang mit historischen Fakten“. Bei dieser Veranstaltung
waren ebenfalls Vetreter des THS und der NPD anwesend. Neben zahlreichen
Anekdoten aus dem 2. Weltkrieg erzählte Groppe: „Ich meine, man müßte auch,
wenn man sich über die nicht zu entschuldigenden Verbrechen von vor 50 Jahren
oder auch länger aufregt, einmal fragen, was denn unsere Gesellschaft dazu
sagt, daß Jahr für Jahr Hunderttausende Kinder im Mutterleib ermordet werden.“
Der bisher bekannteste
Rechtsextremist, der in der Burschenschaft „Jenensia“ sprechen sollte, ist
Peter Dehoust. Der Versuch der Burschenschaft „Jenensia“, mit einer angeblichen
Absage des Referenten Dehoust den Widerstand des „Aktionsbündnis gegen Rechts“
zu umgehen, mißlang. Durch die Blockade der AntifaschistInnenen wurde Dehoust
gezwungen, durch den Hintereingang die „Verbindungsetage“ zu erreichen. Den
Personenschutz für Dehoust bildeten 3 Naziskins des THS. Einer der Nazis griff
den Kameramann des „Offenen Kanals Jena“ an, so daß die Polizei gezwungen war,
einzuschreiten. Erst nach ausgiebiger Diskussion wurde die Presse (TLZ –
Thüringer Landeszeitung und OTZ – Ostthüringische Landeszeitung) zu der
„öffentlichen“ Veranstaltung zugelassen. Auch mit dem Schutz der Veranstaltung
wurde der militant-rechtsextreme THS beauftragt. Der Thüringer Heimatschutz
wurde vor allem bekannt durch drei BombenbastlerInnen. Diese hatten im Januar
1998 in einer Garage im Jenaer Stadtteil Burgau mehrere Rohrbomben
zusammengebaut. Die Polizei beschlagnahmte außerdem TNT, Waffen und
neonazistisches Propagandamaterial. Die TäterInnen konnten anhand der
Fingerabdrücke identifiziert werden, sind aber zur Zeit auf der Flucht. In
diesem Zusammenhang wurde ebenfalls gegen Andre Kapke (NPD-Jena, THS)
ermittelt, der ein sehr enger Freund der flüchtigen BastlerInnen ist.
Während der Veranstaltung
wunderte sich Dehoust über den enormen antifaschistischen Widerstand. Er
behauptete, so etwas seit 25 Jahren nicht mehr erlebt zu haben. An der
Veranstaltung nahmen ungefähr 35 Burschenschaftler teil. Da die Burschenschaft
„Jenensia“ aus ca. 13 aktiven Mitgliedern besteht, müssen auch andere Jenaer
Burschenschafter an der Veranstaltung teilgenommen haben. Zwei Ereignisse in
Jena sind beispielhaft für das Verhalten anderer Verbindungen im Bezug zum
Rechtsextremismus. So veranstaltete die Burschenschaft „Teutonia“ am 20. April
1999 eine inoffizielle „Führergeburtstagsfeier“. Mit der „Arminia“ beschäftigte
sich die Studentenzeitung Akrützel in der Ausgabe vom 14.51999. Nach einer
Veranstaltung der „Arminia“ mit dem Thema „Zukunft durch Tradition“ wurden
mehrere Gäste mit „Kanakenhuren“ und „Ihr gehört in der Saale ertränkt!“
beschimpft. Einige Burschenschafter wollten einen Schlagabtausch „Mann gegen
Mann“ und legten dazu die Markenjackets ab.
Bei Dehoust waren nebenbei 5 Vertreter des THS und der NPD
anwesend sowie Dr. Heinz Joachim Schneider, REP-Vorstand in Jena. Die THSler
hatten sogenannte „Ehrenbänder“ der Burschenschaft „Jenensia“ angelegt. Ein
Vertreter der „Jenensia“ bestätigte, daß Mitglieder des THS/NPD Ehrenmitglieder
der Burschenschaft seien. Gegenwärtig arbeitet das Gründungsmitglied des THS
und Zuhörer an diesem Abend, Tino Brandt, beim rechtsextremen Verlag „Nation
und Europa“. Dadurch besteht ein enger Kontakt zum militanten Rechtsextremismus
des THS. Es ist daher auch nicht verwunderlich, daß in der Ausgabe 7/8-1999 von
„Nation und Europa“ eine Veranstaltung mit Dr. Claus Nordbruch (Hilfskomitee
Südliches Afrika) in Jena geworben wurde. Der THS trat dabei als Veranstalter
auf und mietete einen Jugendklub der Stadt an. Laut der OTZ war die
verantwortliche Sozialarbeiterin mit der Situation völlig überlastet, so daß
der THS ungehindert die Veranstaltung durchführen konnte. Neben den Kontakten
zum militanten Rechtsextremismus verfügt die „Jenensia“ ebenfalls Beziehungen
zur CDU/FDP in Jena. Die Alten Herren Dr. Hans Joachim Wagner für die CDU und
Dr. Vogt für die FDP sitzen im Stadtrat von Jena. Dr. Wagner ist sogar im
Vorsitz des Altherrenverbandes der „Jenensia“ und damit direkt verantwortlich
für die Finanzierung von rechtsextremen Vorträgen. Zur Zeit distanzieren sich
die Alten Herren von ihrer Burschenschaft „Jenensia“. Sie stellen sogar eine
Auflösung der „Jenensia“ aufgrund der Kontakte zum THS/NPD in Aussicht, wenn
keine Einigung mit den aktiven Burschenschaftlern erzielt wird. Dieser
Sinneswandel ist mehr als verwunderlich. So hat die Burschenschaft „Jenensia“
nachweislich seit vielen Jahren engste Kontakte zu Rechtsextremisten. Ein
weiterer Alter Herr ist der Immobilienmakler Matz. Dieser stellt der „Jenensia“
ihre „Verbindungsetage“ zur Verfügung und unterstützt sie finanziell. Ob Herr
Matz weiterhin die Hintertür für Rechtsextremisten aufhält? Ob Herr Dr. Wagner
so tut als ob er nie etwas von den Kontakten „seiner“ Burschenschaftler gehört
hat? Das alles wird die Zukunft zeigen. Die Stadt Jena und ihr Stadtrat haben
bisher die Burschenschaften als „Standortfaktor“ hofiert.
Autonome Antifaschistische Gruppe Jena/Infoladen Schwarzes Loch
Stand
Dezember 1999