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Phase 2 - Zeitschrift gegen die RealitätDie radikale Linke in Kritik, Diskussion und Praxis - Release Mitte Juli!Erfolgreiche linke Politik baut auf der Analyse der Gesellschaft und der Diskussion um die richtige politische Strategie auf. Die gegenwärtige Realität der linksradikalen Bewegung ist jedoch davon gekennzeichnet, daß selbst so herausragende gesellschaftliche Einschnitte wie der deutsche Angriffskrieg in Ex-Jugoslawien und die staatliche Antifa-Offensive nur vereinzelt, zeitverzögert und von anderen Gruppenstandpunkten abgeschlossen problematisiert werden. Schon das zeigt, daß die linksradikale Bewegung ein gemeinsames Forum für die Auseinandersetzung benötigt. Sie braucht eine bundesweit erscheinende Zeitschrift. Es ist Zeit für "Phase 2"! Diskussion vs. Verwirrung Der Titel klingt vielleicht ein wenig nach esoterischem Geheimwissen, aber weder Okkultismus noch andere Weltfremdheiten haben uns dazu gebracht, ein neues linksradikales Zeitschriftenprojekt zu initiieren. Ganz im Gegenteil. Die Gründe, warum die linksradikale Bewegung genau auf dieses Projekt angewiesen ist, sind offensichtlich und das eigentlich schon lange. Die größten Wirbel, die im Zuge des staatlichen Antifa-Zaubers für Verwirrung sorgten, haben sich heute gelegt. Man mag über den aufflackernden Aktivismus und seine Folgen verschiedener Meinung sein, es bleibt aber eine Illusion zu glauben, daß damit das Nazi-Problem auch nur halbwegs gelöst ist. Nazis gibt es allen zivilgesellschaftlichen Verlautbarungen und auch Anstrengungen zum Trotze immer noch. Allerdings haben sie derzeit keine entscheidende, weil stichwortgebende Relevanz. Für Linke bleibt die Nazibewegung ein politischer Ansatzpunkt, sei es aus der konkreten Bedrohung heraus oder weil sie der Ausdruck der aggressivsten Variante des völkischen Tickets sind, welches sich die Gesellschaft weiterhin vorbehält. Eine Gesellschaft, die auch weiterhin von einem rassistischen und nationalistischen Alltag geprägt ist und den zivilgesellschaftlichen Aufbruch nur zu oft als inhaltsleeren und aufgeblasenen guten Willen offenbart. Außer "Rock gegen Gewalt", antirassistischer City-Promotion und dem Anziehen der staatlichen Repressionsschraube bleibt nicht viel über. Bei aller notwendigen Kritik an dieser inszenierten demokratischen Offensive, die letzendlich wie schon die antifaschistische Rhetorik während des Kosovo-Krieges nur der nationalstaatlichen Integration und Standort-Mobilisierung zu Gute kommt, ist eine Tatsache doch nicht zu verhehlen: Die staatliche Antifa-Politik hat zur Verwirrung des ohnehin schon geschwächten Protestpotentials der Linken beigetragen. Sie manövrierte gerade die Antifa-Bewegung in eine Sinnkrise, die sich in der bangen Frage ausdrückt, ob ihre militante Politik nie mehr als Handlangertum für Staatsschutzbehörden und Demokratie-Fans war und sein kann? So sah sich die linke außerparlamentarische Bewegung eines ihrer hervorragendsten Aktionsfelder der letzten Jahre beraubt, an dem sie nicht nur ihre generelle Gesellschaftskritik verdeutlichen konnte, sondern auch ganz konkrete politische Erfolge erzielt hat. Bis heute weiß sie nicht mit dem Themendiebstahl der Berliner Republik umzugehen. Sehen einige darin den Erfolg einer antifaschistischen Politik, der jetzt auszunutzen wäre, ist er für andere ein erneuter Beweis dafür, wie eine kapitalistische Gesellschaft quasi gesetzmäßig jegliches Protestpotiential aufsaugt und zur nationalstaatlichen Modernisierung nutzt. Beide Positionen können zu fatalen Schlußfolgerungen führen. Während erstere mit ihrem "weiter so" die veränderten Wahrnehmungsbedingungen für eine tiefergehende und grundlegend gesellschaftskritische linke Position nicht beachten, reden die anderen der politischen Resignation das Wort und verneinen die gegenwärtige Möglichkeit einer linksradikalen Praxis. Viel erschreckender ist jedoch die Tatsache, und dies ist der Punkt auf den wir eigentlich hinweisen möchten, daß es derzeit keinen gemeinsamen organisatorischen Rahmen gibt, wo linksradikale Gruppen und Personen, egal ob sie sich eher der Antifa- bzw. der Antira-Szene oder anderen Ansatzpunkten zuordnen, solche Diskussionen über die Gesellschaft, ihre Veränderung und daraus ableitbare politische Folgen führen können. Wie sich aber in den letzten Jahren beispielsweise an den ausbleibenden Positionsbestimmungen und kaum wahrnehmbaren Protesten gegen deutsche Kriegseinsätze und nationalistische Vergangenheitspolitik gezeigt hat, muß ein solches Forum, ein regelmäßiges Treffen und eben auch ein Medium her, welches der Auseinandersetzung um Analyse und Strategie der linksradikalen Bewegung Raum gibt. Lösung vs. Problem Die Dynamik des Niedergangs linksradikaler Systemopposition scheint oft unaufhaltsam. Im Kontrast dazu dauert der Legitimationsschub, den der Kapitalismus mit dem Zusammenbruch des Realsozialismus erfahren hat, fort. So stehen wir vor der beschissenen Situation, daß verlogene grüne und deutschtümelnde rote Realpolitik in der Öffentlichkeit oft als einzig mögliche linke Position gehandelt werden, obwohl gerade sie mit ihrem Marsch bzw. Eilmarsch durch die Institutionen die Möglichkeit linker Kritik und Utopie immer wieder aufs neue diskreditieren. Ein Teil der Schwierigkeiten, mit denen sich eine linksradikale Bewegung heute konfrontiert sieht, sind allerdings hausgemacht. Dazu gehört an vorderster Stelle die mangelnde analytische Auseinandersetzung mit der Gesellschaft, woraus dann folgerichtig die Konzeptionslosigkeit der politischen Praxis folgt. In den Teilbereichsbewegungen und linken Zirkeln ist das Reflexionsvermögen und der Wille zur verbindenden Strategiediskussion nicht sehr ausgeprägt. Das Fehlen eines gemeinsamen linken Projektes steht der Wahrnehmbarkeit und Attraktivität radikal gesellschaftskritischer Positionen entgegen. Dabei besteht das größte Manko gar nicht so sehr in der Tatsache, daß derzeit keine übereinstimmende Utopie das Handeln der Linken leitet. Es zeigt sich vielmehr darin, daß linke Zusammenhänge und Strömungen oft in Selbstbezogenheit nebeneinander existieren. Oft gibt es dafür nicht von der Hand zu weisende politische Gründe. Eine Reihe von Abgrenzungsmanövern haben jedoch ihren politischen Inhalt überlebt. Ein Beispiel dafür ist die bis heute recht strikte und eben politisch kaum mehr nachvollziehbare Trennung zwischen Antifa- und Antira-Szene. Der Antifa-Kongreß "2001 - Das Jahr in dem wir Kontakt aufnehmen" wird hier gegensteuern. Er ist ein erster Schritt, den linksradikalen Widerstand, wie er bisher von der Antifa verkörpert wurde, auf eine breitere inhaltliche Basis zu stellen und der Auseinandersetzung darum, eine organisatorische Kontinuität zu verleihen. "Phase 2" ist als zweiter Schritt, allerdings mit mehr Breitenwirkung, denselben Zielen verbunden. Um alle zu erreichen, die an einer linksradikalen Politik interessiert sind, wird eine aus dem Kongreß hervorgegangene Diskussionsstruktur sicherlich nicht ausreichen. So werden sich dort in erster Linie nur feste Gruppen, die mehr oder weniger der Antifa- und Antira-Szene zuzuordnen sind, beteiligen. Linke kritische Einzelpersonen, die sowohl aus geographischen Gegebenheiten oder aus politischen Gründen nicht diesen Gruppenstrukturen nahestehen, lassen sich dadurch nicht erreichen. Mobilisierungen und Integrationsbemühungen gehen an ihnen vorbei. Uns ist jedoch klar, daß die Reorganisierung einer linken Bewegung über den Tellerrand der derzeitigen antifaschistischen Gruppenpraxis hinausgehen muß. Lange Rede, kurzer Sinn: Wir schaffen mit der bundesweit erscheinenden neuen Zeitschrift den Rahmen für eine weithin transparente Strategiediskussion innerhalb der Linken. "Phase 2" ist zusammen mit dem Kongreß und den daraus hervorgehenden Ansätzen für die Reorganisierung einer bundesweiten Zusammenarbeit Teil der Lösung für ein nicht länger zu akzeptierendes Problem. Relevanz vs. Konkurrenz Selbstverständlich ist uns klar, daß es auf dem linken Zeitschriftenmarkt bereits eine ganze Menge lesenswerter Erzeugnisse gibt. Ob "konkret", "Jungle World", "bahamas", "karoshi", "ZAG", etc. wir müssen nicht so tun, als ob wir nichts zu lesen hätten. Wir wollen auch die Publikationen hier nicht im Einzelnen kritisieren. Nur soviel: Sie haben alle ein für uns entscheidendes Manko. Sie öffnen sich weder für Kampagnen noch für die Perspektiven- und Strategiediskussion einer linken Bewegung. Fast jede bundesweit aktive Antifagruppe kann, wenn es um die Zusammenarbeit mit den etablierten linken Zeitschriften geht, ihre ganz spezielle Enttäuschungsgeschichte erzählen. Dabei geht es keineswegs um die nachvollziehbare Ablehnung gegenüber einem Demo-Aufruf, der allgemein Bekanntes auch noch sprachlich ungehobelt darbietet und deshalb nicht übermäßig nach einer Veröffentlichung schreit. Für so etwas sind Terminspalten gut genug. Und auch "News" darüber, wo, mit wem und wie lange die jeweilige lokale Nazigröße zu speisen pflegt, eignen sich nicht zur Lektüre, solange die wirkungsmächtigeren Rechten legitimiert von Bevölkerungsmehrheiten Ministerämter einnehmen. Augenscheinlichstes Beispiel für diese Art der Desorientierung bietet Woche für Woche die Antifa-Seite der "Jungle World", deren ermüdende Konzentration auf Rechercheergebnisse alles andere als das Konzept einer linksradikalen Bewegung repräsentiert. Doch nicht jede linke Kampagne gab sich mit der zweifelsohne weitverbreiteten Inhaltslosigkeit zufrieden. Immer wieder versuchten sich schon in der Vergangenheit Antifa-Gruppen eine fundiertere Gesellschaftskritik zu erarbeiten. Sicher, der Anspruch, am konkreten Themenfeld die umfassende und radikale Ablehnung der Zustände deutlich zu machen, kam Plattheiten oftmals entgegen. Aber die Vorbehalte gegenüber "Bewegungslinken" erwuchsen gelöst vom Blick auf die Entwicklung antifaschistischer Gruppenpraxis zum geschlossenen Vorurteil und machten so die Zusammenarbeit immer schwerer. Gerade aber Gruppen, die ihre Gesellschaftskritik auf "die Straße tragen", mithin für die Wahrnehmbarkeit einer linksradikalen Position stehen, die über den Szenehorizont hinaus reicht, brauchen eine Diskussion ihrer politischen Stoßrichtung. Wenn also demnächst diskussionsfähige Gruppenpositionen im linken Zeitschriftensegment veröffentlicht oder analytische Texte parallel zu unseren Kampagnen lanciert werden, dann geht es, wie schon früher, nicht um reines Infotainment und kritiklose Mobilisierungshilfe. Wir möchten kein Verlautbarungsorgan ins Leben rufen, welches aus der Aneinanderreihung von Demo-Aufrufen besteht oder dem typisch linken Spaltpilz ein weiteres Printmedium für Beschimpfungs- und Abgrenzungsorgien bietet. In dieser Hinsicht sind wir als Konkurrenz nicht zu fürchten. Unser Konzept sieht sich voll und ganz einer inhaltlich orientierten, redaktionellen Arbeit verpflichtet. Das heißt, uns geht es in erster Linie um profunde Gesellschaftskritik. Allerdings halten wir an einem Begriff von Gesellschaftskritik fest, der immer auch die Frage beinhaltet, wie eine linke Praxis an den jeweiligen Themenfeldern entwickelt werden kann. Deshalb sollen in unserem relativ offen angelegtem Projekt endlich auch wichtige Diskussionsbeiträge von Gruppen zu ihrem Recht kommen. Was aber nicht bedeuten soll, daß wir uns der akademischen und journalistischen Linken und thematischen SpezialistInnen verschließen. Aufbruch vs. Resignation Angesichts der hiesigen Zustände scheint es oft schwer, an die gesellschaftsverändernde Kraft der Linken zu glauben. Daraus Resignation zu ziehen, ist zwar nachvollziehbar, wäre unserer Meinung nach aber genau der falsche Schluß. Der richtige kann nur heißen, die Reorganisation der linksradikalen Bewegung in Angriff zu nehmen, um so ihre Wahrnehmbarkeit und politische Stoßkraft zu steigern. Erfolgreiche linke Politik läßt sich aber nur entwickeln, wenn alle, die daran interessiert sind, auch ein verbindliches Forum, einen kontinuierlichen Rahmen für die Auseinandersetzung haben. Ein solcher Rahmen ist überhaupt Grundlage für die inhaltliche, analytische und strategische Bestimmung linksradikaler Konzeptionen. Über Sinn und Unsinn von Diskussionen entscheidet nicht zuletzt die Transparenz und Vermittlung der Argumentationen. Insofern läßt sich selbst aus der allgegenwärtigen Verwirrung noch die Notwendigkeit eines bundesweiten Zeitschriftenprojektes begründen. Doch es geht nicht nur darum, die richtigen Schlüsse aus der bisherigen Entwicklung der linksradikalen Bewegung zu ziehen. Es kommt jetzt vor allem darauf an, sie in die Tat umzusetzen. Beifälliges Kopfnicken reicht nicht. Beteiligung ist gefragt. Wir denken, daß eine linksradikale Politik wieder mehr Dynamik entwickeln kann. Diese ist nicht nur nicht unmöglich, sondern organisierbar. Sowohl der Kontaktaufnahme-Kongreß als auch das Konzept "Phase 2" stehen für die Richtung, in die es gehen wird. |
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[zum Anfang] * zuletzt aktualisiert am: 28.06.2001 |